Grant-Leon Ranos steht sinnbildlich für die schwierigen Übergangsphasen, die viele junge Spieler im Profifußball durchlaufen. Talent allein reicht auf diesem Niveau längst nicht mehr aus – gefragt sind Klarheit im Kopf, Konsequenz in den Aktionen und die Fähigkeit, Chancen genau dann zu nutzen, wenn sie sich bieten. Genau daran hapert es beim 22-jährigen Armenier derzeit, und die jüngsten Auftritte haben die Diskussion um seine Zukunft bei Borussia Mönchengladbach weiter angeheizt.
Dass Ranos zu den Spielern gehört, die den Verein im Winter verlassen könnten, ist längst kein Geheimnis mehr. Die sportliche Führung hat ihm zuletzt bewusst Einsatzzeiten gegeben, um sich zu zeigen und Argumente für einen Verbleib zu sammeln. Doch statt Selbstvertrauen und Entschlossenheit zu demonstrieren, wirkte Ranos in entscheidenden Momenten gehemmt. Besonders das Spiel beim BVB dürfte intern als Schlüsselmoment gelten – allerdings nicht im positiven Sinne.
Eugen Polanski fand nach der Partie deutliche Worte. Seine Kritik zielte weniger auf technische Defizite, sondern auf Entscheidungsfindung und Spielintelligenz. Eine Szene stach dabei besonders heraus: Ranos hatte eine aussichtsreiche Abschlussmöglichkeit, zögerte jedoch zu lange. Weder entschloss er sich zum Schuss noch zum klaren Abspiel nach rechts. Dieses Zögern ermöglichte Felix Nmecha eine erfolgreiche Grätsche – eine Aktion, die sinnbildlich für Ranos’ aktuelle Situation steht. Polanskis Aussage machte klar, wie sehr solche Momente auf Trainerseite frustrieren: Wer Zeit fordert, muss sie nutzen. Tut er es nicht, schwindet das Vertrauen.
Noch schwerer wog eine Szene in der Nachspielzeit. In der 96. Minute verlor Ranos in der eigenen Hälfte den Ball gegen Niklas Süle. Aus dieser Situation entstand letztlich das 0:2 – ein fataler Fehler in einer Phase, in der Konzentration und Spielkontrolle gefragt sind. Für einen Offensivspieler mag ein Ballverlust passieren, doch in dieser Spielsituation und Zone wirkt er wie ein Beleg für fehlende Reife. Es war keine gute Eigenwerbung, sondern eher eine Bestätigung der Zweifel.
Dabei darf man nicht vergessen, dass Ranos noch immer Entwicklungspotenzial besitzt. Seine Anlagen sind unbestritten: Abschlussstärke, Beweglichkeit und ein gutes Gespür für Räume hat er bereits gezeigt – allerdings zu selten und zu unkonstant. Die Frage ist weniger, ob er Talent hat, sondern ob er den nächsten Schritt bei Gladbach noch gehen kann. Der Konkurrenzdruck ist hoch, die Geduld begrenzt, und der Verein braucht Spieler, die sofort helfen oder zumindest klare Fortschritte erkennen lassen.
Ein Wechsel im Winter könnte für beide Seiten sinnvoll sein. Für Gladbach, um Kaderplätze und Ressourcen neu zu ordnen. Für Ranos, um in einem Umfeld neu anzufangen, in dem er ohne den aktuellen Erwartungsdruck arbeiten kann. Manchmal ist ein Schritt zurück notwendig, um später zwei nach vorne zu machen.
Ob Grant-Leon Ranos den Sprung auf Bundesliga-Niveau noch schafft, bleibt offen. Fest steht jedoch: Die letzten Wochen haben seine Position nicht gestärkt. Wenn sich etwas ändern soll, dann schnell – sonst wird der Winter tatsächlich zum Abschied.
